Ausführungen zum
Buch Obadja
Wider Edom
(Ob.1-21)
Obadja prophezeite etwa um 865 v. Chr. unter den
Königen Joschafat von Juda (886-862 v. Chr.) und Joram von Juda (865-858 v.
Chr.). Zu jener Zeit wirkten auch die Propheten Elia (ca. 880-865 v. Chr.) und
dessen Nachfolger Elisa (865-813 v. Chr.).
Obadja, hebräisch OBDIE, punktiert OBaDJaH,
bedeutet »Diener Jes«. Über die Person und den Lebenslauf des Propheten ist
nichts bekannt.
Die Vision
Obadjas
»Vision Obadjas.
So spricht Jewe, mein Herr, Edom betreffend:
Eine Kunde hörten wir von Jewe, und ein Eilbote ist unter die Nationen entsandt
(rufend): Stehet auf, und wir wollen wider es (Edom) aufstehen zum Krieg!«
(Ob.1).
Edom ist das Volk, das Esau zum Stammvater
hat (1.Mose 36:1). Es wohnte im Grabenbruch der Araba zwischen dem Toten Meer
und dem Golf von Akaba und östlich davon im Gebirge Seir.
Esau war der Zwillingsbruder Jakobs. Das
Verhältnis der beiden Brüder und ihrer Nachkommen war von Anfang an kritisch,
ja feindlich. Bei ihrer Geburt kam Esau zuerst heraus, aber Jakob hatte dessen
Ferse erfasst (1.Mose 25:26). Als die Jünglinge groß wurden, verkaufte Esau
sein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht an Jakob (1.Mose 25:33). Er
verachtete mithin die von Abraham ausgehende Verheißungs- und Segenslinie, die
somit von Jakob weitergeführt wurde. Esau wurde dadurch zum Typus für Menschen,
die kein Interesse an geistlichen Dingen haben (Heb.12:16).
Die Edomiter verweigertend Mose und seinem
Volk den Durchzug durch ihr Gebiet und traten ihnen feindlich gesonnen und
schwer bewaffnet entgegen. Damit wurden die Edomiter zu einem klassischen Beispiel
für die Feindschaft gegen Gott und Sein Volk (4.Mose 20:14-21).
Saul, David und Salomo hatten viele Probleme
mit ihnen.
Nach dem Aufruf Obadjas an Juda und die
benachbarten Nationen um 865 v. Chr. kam es sodann zu den zwei folgenden
Kämpfen gegen Edom. Zur Regierungszeit Joschafats schloss sich Edom um 864 v.
Chr. mit den Ammonitern und den Moabitern zum Krieg gegen Juda zusammen
(2.Chron.20:1,10,11,22-26). Als Joram regierte, stand Edom vermutlich um 861 v.
Chr. erneut gegen Juda auf (2.Kön.8:20-22, 2.Chron.21:8). Jewe gewährte Juda
beide Male den Sieg.
Der Hochmut der
Edomiter
»Siehe, zu einer kleinen unter den Nationen
setzte Ich (Jewe) dich (Edom), überaus verachtet bist du. Die Vermessenheit
deines Herzens brachte dich in einen Wahn, (dich), der in Klüften des
Steilfelsens wohnt, dessen Wohnsitz in der Höhe ist und der in seinem Herzen
spricht: Wer wird mich zum Erdland hinabstürzen? –
Wenn du hochsteigst wie ein Geier und wenn
dein Nest zwischen den Sternen gelegen wäre, lasse Ich dich (dennoch) von dort
hinabstürzen! – Treuewort Jewes! – Wenn Diebe zu dir kommen, Räuber der Nacht –
wie bist du zum Schweigen gebracht! –, stehlen sie nicht zu ihrer Genüge? Wenn
(räuberische) Weinleser zu dir kommen – würden sie eine Kahllese übriglassen? –
Wie wurden die (Gedanken) Esaus aufgespürt, wie wurden seine verwahrten
(Erwägungen) zum Hervortreten gebracht!« (Ob.2-6).
Edom war stolz; sie wohnten zum großen Teil
auf den uneinnehmbaren Höhen des Gebirges Seir; wer sollte sie dort bezwingen
können? Jewe aber wird Edom zum Schweigen bringen. Alles wird ihnen genommen
werden; es wird noch nicht einmal etwas für eine Nachlese übrig bleiben.
Eines Tages – vor dem großen, weißen Thron –
wird Gott das Verborgene der Menschen richten (Röm.2:16), die heimlichen
Gedanken der Edomiter aber waren durch ihre Selbstüberhebung und ihr
feindseliges Verhalten gegen Israel schon zutage getreten.
Hören wir zudem auf die Worte des Propheten
Maleachi: »So denn Edom spricht: Wir sind entmachtet, kehren aber zurück und bauen
die verwüsteten (Stätten) wieder auf–, so spricht Jewe der Heere: Sie, sie
bauen, Ich aber, Ich zerstöre. Und man wird sie nennen: Gebiet des Frevels und:
Das Volk, dem Jewe droht bis zum Äon« (Mal.1:4).
Edom wird
ausgerottet werden
(7) »Bis an die Grenze trieben dich (Edom)
die mit dir verbündeten wehrfähigen Männer. Es (versetzten) dich in einen Wahn,
es überwanden dich die mit dir im Frieden (stehenden) wehrfähigen Männer. Statt
deines Brotes legten sie fremdes (Gewächs) an deine Stätte. Kein Verständnis
(dafür) ist in ihm (in Edom).
(8) Ist es nicht so: An jenem Tag – Treuewort
Jewes – lasse Ich die Weisen aus Edom verlorengehen und das Verständnis vom
Gebirge Esaus. (9) Und deine Mächtigen, Teman, werden bestürzt werden, damit jedermann
vom Gebirge Esaus durch Ermordung ausgerottet werde. (10) Aufgrund der
Gewalttat an deinem Bruder Jakob bedeckt dich Beschämung und wirst du
ausgerottet für äonisch. (11) (Denn) an dem Tag, als du abseits (von Jakob)
standest, an dem Tag, als Fremde sein gewappnetes (Heer) gefangenführten und
Ausländer zu seinen (Jakobs) Toren kamen und über Jerusalem das Los warfen, da
warst du wie einer von ihnen« (Ob.7-11).
Die Edomiter hatten ihren Verbündeten arglos
entgegengesehen, die sich – einmal im Land – aber gegen sie wendeten. (Oder
bezieht sich Vers 7 auf das in 2.Chronik 20:23 berichtete, auf etwa um 864 v.
Chr. zu datierende Geschehen?)
In Edom wohnten durchaus weise Männer
(Jes.49:7). Doch mit der Weisheit ist es vorbei, wenn man gegen Israel und
damit gegen seinen Elohim eingestellt ist.
Jewe redete Edom mit »Teman« an; das war die
Hauptstadt der Edomiter, benannt nach einem Enkel Esaus (1.Mose 36:10,11), die
hier für die ganze Nation steht. Teman wird ausgerottet werden; nichts kann die
Edomiter mehr retten, weder ihr strategisch ideales Gelände noch ihr Heer noch
ihre verblichene Weisheit. Ein Volk der Edomiter wird es in den kommenden Äonen
nicht geben. Etwa um die Wende vom 6. zum 5. Jahrhundert v. Chr. wurden sie von
den Nabatäern nach Idumäa (im Süden Judäas) vertrieben. Im Jahr 70 n. Chr.
wurden die Edomiter, jetzt Idumäer genannt (Herodes der Große war ein Idumäer),
von den Römern vernichtet. Von da an gab es sie nicht mehr.
Von der in den Versen 10 und 11
angesprochenen Gewalttat Esaus gegen Jakob steht auch in Joel 4:19 und Amos
1:11 geschrieben. Sie ist nicht mit den in 2.Chronik 20:10,11,22,23 und 21:8
berichteten Ereignissen identisch. In 2.Chronik 28:17 steht geschrieben, dass
Edom »nochmals« gegen Juda zog, es schlug und Gefangene wegführte, und zwar zur
Zeit des Königs Ahas von Juda (742-726 v. Chr.). Wann dies aber zum ersten Mal
geschah, habe ich nicht herausgefunden. Vielleicht waren die Edomiter mit
dabei, als über Jerusalem das Los geworfen wurde, wer welche Teile der Stadt ausplündern
dürfe, nachdem die Philister und Araber sie erobert hatten (2.Chron.21:16,17),
was allerdings vermutlich auf das Jahr 861 v. Chr. zu datieren wäre.
Obadja warnt
Edom
Jewe sprach weiter zu Edom:
»Und (nun) sehe nicht (schadenfroh) auf den Tag
deines Bruders (Jakob), den Tag seines Abgeschnittenseins (Untergangs), und
freue dich nicht über die Söhne Judas am Tag ihres Verlorengehens und reiße
deinen Mund nicht auf am Tag der Bedrängnis. Komme nicht an das Tor Meines
Volkes am Tag ihres Unglücks, und nicht sehe auch noch du sein Böses (das über
es kommt) am Tag seines Unglücks, und zieht nicht gegen seine Ausrüstung am Tag
seines Unglücks. Und stehe nicht am sich verlierenden (Weg), um seine
Entronnenen abzuschneiden (niederzumachen), und halte seine Überlebenden nicht
gefangen am Tag der Bedrängnis« (Ob.12-14).
Es ist ohnehin allen Menschen geboten, sich
nicht über das Unglück des anderen zu freuen. Denn: »Wer dem Rechtlosen
hohnlacht, schmäht dessen Schöpfer; wer sich über Unglück freut, wird nicht
entschuldet« (Spr.17:5). Und: »Freue dich nicht über das Fallen deiner Feinde,
und wenn einer strauchelt, frohlocke nicht dein Herz« (Spr.24:17).
Die Warnung an Edom ist von höchster
existenzieller Bedeutung, weil der Tag Jewes naht, der Tag Seiner
Zornesgerichte über alle Nationen, und weil Er einem jeden nach seinen Werken
vergelten wird, wie aus den folgenden Versen 15 und 16 hervorgeht.
Allen Nationen
gilt dieses Wort
Was Edom gesagt ist, gilt allen Nationen.
»Denn nahe ist der Tag Jewes, der auf alle
Nationen zukommt, und so wie du getan, wird dir getan; wie du vergolten hast,
so wird es gegen dein Haupt zurückkehren. Denn so wie ihr (Edomiter) auf dem
Berg Meines Heiligtums getrunken habt, so werden alle Nationen stetig trinken,
ja, sie werden trinken und im Schlund verschwinden und werden, wie wenn sie
nicht geworden wären« (Ob.15+16).
Der Tag Jewes wird in den griechischen
heiligen Schriften als der Tag des Herrn bezeichnet und ist die siebenjährige
Endzeit in unserem bösen Äon (Gal.1:4), die Zeit der Zornesgereichte Jewes,
aber auch die sich anschließende tausendjährige Gottesherrschaft. Der Tag Jewes
wird besonders von den Propheten Daniel und Joel, von unserem Herrn Jesus
Christus in Matthäus 24 und 25 sowie im Buch der Enthüllung (Offenbarung) näher
beschrieben.
König David sagte dazu: »Du sitzt auf dem
Thron, richtest in Gerechtigkeit. Du schiltst die Nationen, Du bringst den
Frevler um, Du tilgst ihren Namen für den Äon und die weitere Zeit des
Bezeugens. … Doch Jewe thront für den Äon; Er rüstet Seinen Thron zum Gericht.
Er wird das Wohnland richten in Gerechtigkeit und den Rechtsspruch über die
Volksstämme fällen in Geradheit« (Ps.9:5-9).
In der Zeit der Zorneshitze Jewes (Jes.13:13)
werden die Nationen trinken, allerdings den göttlichen Zornesbecher, wie der
Apostel Johannes es sah und hörte: »Wenn jemand das wilde Tier und sein Bild
anbetet und das Merkmal auf seine Stirn oder auf seine Hand annimmt, so soll er
auch von dem Wein des Grimmes Gottes trinken, der unvermischt im Becher Seines
Zorns eingeschenkt ist, und mit Feuer und Schwefel vor den Augen der heiligen
Boten und vor den Augen des Lämmleins gequält werden« (Off.14:9,10).
Und selbst wenn noch vereinzelt Edomiter bis
zum Tag der Rache leben sollten, so werden sie auf jeden Fall aber für die
kommenden Äonen völlig vernichtet werden (Jes.34:5-15). »Mein ist die Rache!
Ich werde vergelten! (5.Mose 32:35), sagt der Herr. … Furchtbar ist es, in die
Hände des lebendigen Gottes zu fallen!« (Heb.10:30,31). – Wie anders ist dies
doch als heute in der Gnadenzeit, in der dem Paulus gegebenen
heilsgeschichtlichen Verwaltung der überströmenden Gnade (Eph3:2)!
Jakob wird alles
verheißene Land in Besitz nehmen
Die Vision Obadjas endet mit folgenden Worten:
»Aber auf dem Berg Zion werden die Entronnenen sein, und er wird eine heilige
(Stätte) sein, und die vom Hause Jakob nehmen
ihre Besitzungen rechtmäßig in Besitz. Und das Haus Jakob wird ein Feuer
und das Haus Joseph eine Lohe und das Haus Esau zu Stroh; und sie (die von
Jakob) stürmen gegen sie (die von Esau) und fressen sie, und keiner vom Haus
Esau wird überleben, denn Jewe redete es.
Und die des Südlands (des Negev) nehmen das
Gebirge Esaus rechtmäßig in Besitz, und die der Niederung nehmen (das Gebiet)
der Philister rechtmäßig in Besitz; und sie nehmen das Gefild Ephraims und das
Gefild Samarias rechtmäßig in Besitz, und Benjamin nimmt Gilead rechtmäßig in
Besitz. Und die Verschleppten dieses gewappneten (Gebiets), das den Söhnen
Israels zugerechnet ist, nehmen das rechtmäßig in Besitz, was den Kanaanitern
gehörte, und zwar bis Zarpat, und die Verschleppten Jerusalems nehmen das
rechtmäßig in Besitz, was in Sefarad ist, ja sie nehmen die Städte des Südlands
(des Negev) rechtmäßig in Besitz.
Und Retter werden auf den Berg Zion
hinaufsteigen, um das Gebirge Esaus zurechtzubringen. Und die Herrschaft wird
Jewe zuteil« (Ob.17-21).
In der Endzeit werden gewaltige Kriege auf
der Erde stattfinden, und bis zuletzt wird Jerusalem umkämpft sein (Sach.12:9;
14:1-7; Off.11:2; 16:14-16; 19:11-21).
Die Entronnenen – wer den Namen Jesu anruft,
wird gerettet werden (Joel 3:5; Röm.10:11-13) –, der Überrest aus Israel, die
Auserwählten, werden auf dem Berg Zion – ein Synonym für Jerusalem – sein und
das verheißene Land in Besitz nehmen. Auch das Haus Joseph, worunter man in
diesem Zusammenhang die Gesamtheit der nach Assur verschleppten zehn Nordstämme
verstehen darf, werden ihren Besitz einnehmen (Jer.31:31; Hos.2:1,2,16-25;
13:14; Heb.8:8).
Unser Herr Jesus Christus wird alle Kinder
Gottes aus Israel, auch die aus der Zerstreuung, »zu einem Ganzen
zusammenführen« (Joh.11:52).
Zarpat lag südlich von Sidon in Phönizien am
Mittelmeer. Gilead war das Land auf der Ostseite des Jordans. Sefared ist
unbekannt.
Die Botschaft des Propheten Obadja endet mit
einem herrlichen Ausblick auf das Königreich Jesu Christi. »Und Jewe wird zum
Regenten über das ganze Erdland; an jenem Tag ist Jewe der Einzige und Sein
Name der einzige« (Sach.14:9; vgl. Dan.2:44; 7:14,27). »Und der siebente Bote
posaunte. Da geschahen laute Stimmen im Himmel, die sagten: Die
Königsherrschaft über die Welt ist unserem Herrn und Seinem Christus
zuteilgeworden, und Er wird als König für die Äonen der Äonen herrschen! Amen!«
(Off.11:15). Jesus, der Messias, wird der Erde Gerechtigkeit und Frieden
bringen – Er allein!
Dieter
Landersheim
Höhenstraße
11
65824
Schwalbach a. Ts.